Herr Frick, sprechen wir zuerst über Ihre Bücher und dann über das Geschäft. Was hat
Sie angetrieben, Bücher zu schreiben?

Eine gewisse «innere Unruhe». Der Wunsch, eigene Gedanken zu einem ganz speziellen Thema – das betrifft vor allem das erste Buch, «Kunstfehler im Marketing» – beziehungsweise zu einem sehr persönlichen (Entscheidungs-) Thema – das betrifft das zweite Buch, «Die neue Lust am Entscheiden» – auszuformulieren. Dass daraus gleich Bücher geworden sind, hat mich selbst überrascht. Meine ganz persönliche Erfolgsstory geht noch weiter: Die «Kunstfehler» wurden von managementbuch.de mit dem Siegel «Empfehlung» ausgezeichnet, sind kürzlich als E-Book auf Englisch erschienen und kommen demnächst auch als Hörbuch auf den Markt. Das «Entscheidungs»-Buch hat laut Haufe-Verlag einen sehr guten Start hingelegt und entwickelt sich über den Erwartungen. Auf diversen Plattformen in Deutschland (zeit.de, focus.de, cio.de, wirtschaftswoche.de usw.) wird es rege diskutiert – vor allem in Führungsfragen. Meine «innere Unruhe» hat sich nun irgendwie gelegt (lacht).

Ihr erstes Buch war gespickt mit persönlichen Marketingerfahrungen. Worum geht es jetzt im neuen Buch, «Die neue Lust am Entscheiden»?

Der Sub-Titel, «Wie Sie mit dem täglichen Überangebot an Möglichkeiten besser zurechtkommen», sagt schon sehr viel über den Inhalt aus: Es ist Wegweiser, Survival-Tool, * Roland Ehrler ist Direktor des SWA. Orientierung und Kompass im täglichen Entscheidungsdschungel. Es zeigt auf, wie wir mit mehr Leichtigkeit (deshalb die neue Lust) einfacher – nicht zwingend besser, dafür aber zufriedener – entscheiden können. Ich versuche, Entscheidungsmustern auf den Grund zu gehen, zu beschreiben, weshalb Man(n) (oder Frau) einmal so und einmal so entscheidet – bei gleichem Sachverhalt. Wie und durch was oder wen werden wir beeinflusst in unseren Entscheidungsfindungen?

«Die Kaufentscheidungen werden zumeist direkt vor dem Regal getroffen.»

Anhand vieler Beispiele aus dem beruflichen und dem persönlichen Bereich zeige ich auf, wie uns unsere Gedanken teilweise überlisten und dass wir eigentlich gar nicht so entscheiden, wie wir wollen oder sogar sollen. Führungs- und Familienalltag stellen uns vor neue Herausforderungen in unterschiedliche Richtungen. Dies habe ich locker und unkompliziert niedergeschrieben – ganz ohne Theorie. Unterhaltung ist also garantiert, denn (theoretische) Entscheidungsprozesse an sich sind schon langweilig genug.

Wann finden Sie die Zeit, um Bücher zu schreiben?

Ich bin ein klassischer AUTOr – meine Bücher basieren auf Sprachaufzeichnungen, die ich im Auto gemacht habe. Die neunzig Minuten «Pendlertätigkeit pro Tag» zwischen Wohnort und Arbeitsort und zurück habe ich genutzt, um meinen persönlichen Gedanken freien Lauf zu lassen. Die Sprachmemos wurden dann in Texte gefasst, von mir redigiert, und so entstanden die Bücher. Statt passivem Radiohören – ich weiss, das lesen die Medienmacher jetzt nicht gern – aktiver Austausch mit meinen Gedanken und meiner Person.

Kommen wir zur Spar-Gruppe Schweiz. Sie ist ein wichtiger Player im Detailhandel und die Firmengeschichte geht in der Schweiz bis ins Jahr 1761 zurück. Wie kommt es, dass gerade in diesem Jahr die Aktienmehrheit nun von Spar Südafrika übernommen wurde?

Die Spar-Geschichte in der Schweiz startete im Jahr 1989. Es ist ein Entscheid der Eigentümerfamilie,
den ich voll und ganz nachvollziehen kann und entsprechend respektiere. Es ist für alle Beteiligten eine sehr gute und nachhaltige Lösung. Für die Eigentümerfamilie ist es die ideale Nachfolgeregelung, für die Mitarbeitenden die Erhaltung und Weiterführung der Marke Spar inklusive Sicherung der Arbeitsplätze und für Spar Südafrika eine Bereicherung ihres Markt-Portfolios (Spar Südafrika ist auch Besitzer von Spar Irland).

Wird sich mit der Übernahme etwas an der Strategie, der Organisation, dem Auftritt oder in Ihrem Aufgabengebiet verändern?

Mit der Übernahme verändern sich natürlich Perspektiven und auch die Strukturen werden überprüft. Wir gehen aktuell über sämtliche Bücher und optimieren in allen Unternehmensbereichen. Wir schärfen das Marken-Profil von Spar und TopCC und aus der Positionierung werden wir die Konsequenzen für alle Bereiche ziehen. Das heisst, es gibt gerade viel zu tun, und wir werden die Chancen und Synergien nutzen, die sich aus dieser Übernahme ergeben. Am (Führungs-)Team ändert sich nichts.

Welches sind derzeit die grössten Herausforderungen für die Spar-Gruppe Schweiz?

Der Detailhandelsmarkt, unter anderem im Lebensmittelbereich, ist weiterhin stark unter Druck. Nach wie vor ist es nicht nur der Binnenwettbewerb, der einen enormen Preisdruck erzeugt. Der Währungskurs gegenüber dem Euro belastet weiterhin den Markt. Hinzu kommt die Annäherung der Discounter an den Supermarkt, was immer weniger Differenzierung zulässt. Die Konzepte (um beim Kunden die Nase vorn zu haben) werden immer komplexer und somit anspruchsvoller. Viele Ernährungstrends und die verstärkte Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Lebensmittel helfen, um mit den Konsumenten in den Dialog zu treten und diesen zu fördern. Wir werden auch immer mehr zum Ratgeber, das heisst, es geht um die Dienstleistung über den einzelnen Artikel hinaus. Nichtsdestotrotz: Die Kaufentscheidungen selbst werden zumeist noch direkt vor dem Regal getroffen. Und das Wetter, einer der wichtigsten Einflussfaktoren im Kaufverhalten, haben wir am wenigsten im Griff – da ist Petrus nach wie vor am Zug. Es gilt die Formel: Konzept- vor Preismarketing.

Welchen Einfluss haben diese Herausforderungen auf Marketing und Kommunikation?

Wir müssen mehr Aufwand im Sinne eines verstärkten Engagements für unsere Kunden betreiben – es geht nicht mehr nur darum, einem Produkt einen attraktiven Preis zu geben und die Aktionsdichte festzulegen. Themen besetzen, diese richtig kommunizieren, die richtigen Werbemittel belegen (um noch in der enormen Vielfalt an Medienkanälen wahrgenommen zu werden), das sind enorme Herausforderungen. Als Marktteilnehmer mit beschränktem Werbebudget (im direkten Vergleich mit den grossen Marktplayern) ist dies eine Aufgabe, die Ideenreichtum und auch Mut verlangt. Die Giesskanne ist einfach nicht mehr möglich. Wir sind intensiv in der Auseinandersetzung im Bereich des Media-Mix, der Kundenansprache über unsere Aktionen und Promotionen und natürlich ständig in der Weiterentwicklung unserer eigenen Medienkanäle. Im Detailhandel war das schon immer so, nur in Zeiten wie diesen kommt es noch stärker auf jedes Detail an. Der Kunde verzeiht keinen einzigen Fehler
mehr.

Welches sind Ihre wichtigsten Marketinginstrumente?

Nach wie vor spielt unser wöchentliches Flugblatt eine wichtige Rolle und wir werden auch nach wie vor im klassischen Media-Mix zu finden sein. Klar verstärkt werden sämtliche digitalen Kanäle, welche immer intensiver bewirtschaftet werden. Herausfordernd ist die Suche nach Instrumenten, die bestehende Kunden halten und es ermöglichen, neue zu gewinnen.

Wie hat sich der Media-Mix in den letzten Jahren verändert?

Wir haben relativ lange den klassischen Media-Mix gepflegt. Doch die Entwicklung der mobilen und digitalen Kommunikation ist ein Faktor, der auch bei uns immer mehr Berücksichtigung gefunden hat. Die Websites wurden aufgebaut und unterliegen ständigen Update-Prozessen. Neu ist in Kürze die Spar-Website, welche den modernen User-Ansprüchen genügt. Aber auch die Social-Media-Kanäle unterliegen ständigen Veränderungen; was gestern hipp war, ist heute schon wieder überholt. Man denke nur an die Schlagwörter der vergangenen Jahre, wie schnell sie sich abgelöst haben. Es gilt dabei, nicht auf jeden Express-Zug aufzuspringen, aber die Entwicklungen doch nicht zu verpassen.

Mit welchen Agenturen arbeiten Sie derzeit, und wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Spar arbeitet ganz gezielt mit spezialisierten Agenturen zusammen, Agenturen, die die Gesetzmässigkeiten der Branche kennen und deren Entwicklung antizipieren. Wir unterscheiden zwischen Lead-Agenturen, welche für den DACH-Auftritt und die Durchgängigkeit des Markenauftritts verantwortlich sind, und ergänzenden Agenturen aus den Bereichen Digital, Sponsoring und Packaging-Design. Spar setzt dabei auf Agenturen aus der Schweiz und aus dem benachbarten Ausland. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, die von Vertrauen geprägt ist, ist Basis des Erfolgs.

Welche Arbeiten machen Sie inhouse und was überlassen Sie den Agenturen?

Die komplette Planung der Aktivitäten liegt bei uns im Haus. Wir lassen uns von unseren Agenturen beraten und legen mit ihnen die Massnahmen und Ziele fest. Vor allem die Erstellung der Werbemittel ist extern, auch wenn wir punktuell Aufgaben in unserer Marketingabteilung direkt abwickeln. Im Bereich Promotionen und Events ist die Abwicklung nahezu hundert Prozent intern, die Werbemittel werden wiederum von den Agenturen begleitet.

Wie zufrieden sind Sie im Allgemeinen mit den Angeboten im Schweizer Werbemarkt?

Es wird nach wie vor eine enorme Vielfalt geboten, die für die Grösse des Schweizer Marktes enorm ist. Wir können uns nicht beschweren, zu wenig Werbeplattformen zu haben. Schwierig sind nach wie vor das Preis-Leistungs-Verhältnis und die immer noch zunehmende Komplexität der Werbekanäle. Vor allem die Verlage im Printbereich müssen sich immer mehr nach der Decke strecken. Und auch im digitalen Bereich ist nicht alles einfach zu verkaufen – das Learning aufseiten der Unternehmen nimmt zu und eine Professionalisierung in allen Bereichen ist zwingend notwendig.

Was stört Sie und wo erwarten Sie mehr Leistungen für Ihr investiertes Werbegeld?

Stören mag nicht der richtige Ausdruck sein, aber in unserer Branche geht es am Ende des Tages um den direkten Verkauf. «Call to Action» ist für uns zentral – oft jedoch werden immer noch rein die Werbeflächen verkauft, mit Kontaktwerten und jeweiligen Zielgruppenausweisen. Aber der Kunde wird zu wenig in seinem Bedürfnis unterstützt und es werden zu wenig wirkliche Konzepte angeboten. Und auch ein Bemessen am Verkaufserfolg ist nicht möglich. Nach wie vor gilt: Welcher Werbefranken investiert wird, entscheidet das Unternehmen und es trägt das volle Risiko dafür. Ein Logo macht noch keinen Umsatz.

Wo sollte sich der SWA als Verband noch mehr engagieren?

Wir sind froh, dass der SWA Initiativen lanciert und uns Werbeauftraggeber unterstützt und klar Stellung bezieht. Wir sind in einem sehr dynamischen Prozess, wie Werbung und Marketing sich entwickeln. Es geht vermehrt um die Vermittlung von Kompetenzen in dieser hochkomplexen Medienwelt. Für uns ist es wichtig, dass die Werbeanbieter zeitgemässe Produkte und transparente Preise anbieten und auf Bundesebene Vorgaben beschlossen werden, die ein attraktives Werben möglich machen.

Haben Sie Wünsche oder Anliegen an die Seite der Agenturen oder der Medienanbieter?

Bei den Agenturen wie den Medienanbietern geht es klar darum, über den Tellerrand hinauszuschauen. Zudem sind wir auch der Meinung, dass eine Agentur/eine Medienanbieter nicht alles kann und können muss. Daher geht es um Fairness gegenüber dem Auftraggeber beziehungsweise dem Kunden, auch Leistungsbereiche auszuklammern, die einfach nicht abgedeckt werden können. Uns geht es eher um ein Hand-in-Hand-Arbeiten aller Beteiligten. Und: Die Rollen müssen nach wie vor verstanden werden. Wer ist Auftraggeber und wer ist Dienstleister?! Und auch die Margen werden kleiner, da der Kunde immer mehr vom Geschäft versteht und jeder Franken erst verdient werden muss. Das Marktumfeld schlägt sich auf die Dienstleister direkt durch. Das spürt man im Moment noch zu wenig.