Wir fällen täglich 20.000 Entscheidungen, große und kleine, belanglose und schwerwiegende.

Wer die Wahl hat, hat die Qual, heißt es. Was Führungskräfte betrifft, so scheint das zu stimmen. Studien belegen, dass etliche Chefs von Ängsten geplagt werden, darunter auch die Angst, falsche Entscheidungen zu treffen. Doch wer zögert und zaudert, verliert: nämlich nicht nur Zeit, sondern auch

  • Respekt,
  • Handlungsspielraum und
  • Einfluss, um nur einige Einbußen aufzuzählen.

Und er löst eine Kettenreaktion aus – entscheidungsschwache Mitarbeiter werden von schwachen Chefs herangezogen.

MUT = Möglichkeiten + Umsetzung + Tun

Hand aufs Herz: Was haben wir bei einer Entscheidung wirklich zu verlieren? Was ist das Schlimmste, das uns bei einer falschen Wahl droht?

Meist doch nur, dass uns das Leben mit neuen Ausgangslagen und Chancen konfrontiert. Jede Entscheidung ist ein Fortschritt, ein Voranschreiten auf dem Weg zur Weiterentwicklung. Also bringen wir den Mut auf, und zwar durch:

  • M wie Möglichkeiten abwägen,
  • U wie Umsetzung planen und
  • T wie Tun.

Klingt einfach, ist aber für manchen steiniges Terrain. Schließlich geht jeder Entscheidung ein innerer Prozess voraus: Welche emotionalen, welche materiellen, welche sozialen Folgen hat sie für mich?

Die Routine von Entscheidungen durchbrechen

Unser Gehirn sucht bei jeder zu fällenden Entscheidung Bezugspunkte. Ob Erfahrungswerte aus früheren ähnlich gelagerten Entscheidungen oder Geschichten, die wir gehört ̅haben—
unsere innere Schaltzentrale prüft die »Festplatte« laufend auf Erfahrungswerte, die es für die Entscheidungsfindung wieder verwenden kann.

In dem wir unseren Erfahrungsschatz anzapfen, brauchen wir nicht jede Entscheidung von Neuem aufzurollen, sondern können unseren inneren Berg an Unerledigtem quasi im Blindflug abbauen, ohne dabei viel Energie oder Zeit zu verschwenden.

Vordergründig macht das unser Leben einfacher. Und es gibt uns das gute Gefühl, heute wieder effizient entschieden zu haben. Doch die ausgetretenen Pfade einer Entscheidung immer wieder zu beschreiten, lässt uns an manch unentdecktem Terrain vorbeiziehen, dessen Erschließung uns vielleicht Vorteile beschert hätte.

Warum nicht einfach neue Wege gehen?

Als Führungskraft sollte ein Streben immer vorhanden sein – nämlich das nach Weiterentwicklung. Und diese entsteht nicht auf ausgetretenen Pfaden, zu denen uns unsere Routine treibt. Sondern sie ist seit jeher immer aus jenen Ausflügen entstanden, die wir abseits der Pfade unternommen haben.

"Mit anderen Worten: Weiter kommt mitunter jener, der sich getraut hat, die Routine zu durchbrechen."

Lassen Sie sich auf ungewöhnliche Ideen anderer ein, wenn Sie ein Potenzial dahinter erahnen. Tricksen Sie das Vorgehen Ihres Gehirns aus und erheben Sie Ihren überraschenden Einfall zum Wegweiser in eine neue Richtung. Dieses Vorgehen verlangt kein Kalkül, sondern die Lust am Entdecken.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Es geht mir nicht darum, sämtliche Routinen über Bord zu werfen und nur noch nach dem Lustprinzip zu agieren. Aber Routinen hin und wieder in Frage zu stellen und mit davon abweichenden Entscheidungen Neuland zu erschließen, kann eine echte Bereicherung sein, letztlich auch fürs Backup unserer »Festplatte«.

Entscheiden heißt auch zu verzichten

Kennen Sie die Segnungen der Eigenverantwortung? Auch jene, die Sie anderen zugestehen? Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel in der Chefetage. Die heutigen Marktdynamiken und komplexen Systeme verlangen dezentrale Entscheidungsstrukturen. Für Chefs bedeutet das: Entscheiden heißt auch zu verzichten. Nämlich darauf, jede Entscheidung selbst treffen oder immer das letzte Wort haben zu wollen.

Das Ringen um Entscheidungen hat viel mit Macht und Machtdemonstration zu tun. Doch wer Mitarbeiter einzäunt, züchtet Schafe heran, keine Löwen. Ob aus „Stellenbesetzern“ engagierte Erfolgsmacher werden, liegt hauptsächlich am Vorgesetzten – und am Gestaltungsspielraum, den er anderen lässt.

Vertrauen in Team = Selbstvertrauen des Chefs?

Das setzt Vertrauen in die Fähigkeiten des Teams voraus. Und dieses Vertrauen hängt eng mit dem Selbstvertrauen eines Chefs zusammen, die richtigen Leute auf die richtigen Positionen gesetzt zu haben. Womit wir wieder beim Anfang einer Entscheidung wären, nämlich dem Vertrauen in die eigene Einschätzung, welche der Entscheidung vorausgegangen ist.

Arbeiten Ihre Mitarbeiter streng nach Vorgaben oder eigenverantwortlich?

Ihre Mitarbeiter kennen durch ihre tägliche Arbeit die Sachverhalte in der Regel besser als Sie. Verfügt Ihr Team über Kompetenz und Vertrauen, wird es im Problemfall schnell Lösungen vorschlagen können, die alle Seiten zufriedenstellen.

Schwache Mitarbeiter aber rapportieren nur nach oben und warten dann die Entscheidung von oben ab. Bei diesem Vorgehen bleibt viel auf der Strecke: von der schnellen, adäquaten Lösung über Ihre Entlastung bis hin zur hohen Eigenmotivation Ihrer Mitarbeiter. Verabschieden Sie sich also von der Vorstellung, alles besser wissen und können zu müssen – und alles selbst entscheiden zu wollen.

Entscheiden lassen heißt Commitment gewinnen

Wer delegiert, gewinnt. Nämlich Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben als Führungskraft. Gute Chefs sind da, wo die Schatten am längsten sind – in den Krisengebieten. Dort werden sie gebraucht und finden ihre wahre Bestimmung, nämlich die als Bestimmer der Route und des Ziels.

Über die Wahl der Mittel sollten wieder andere mitbestimmen dürfen. Denn je beteiligter der Einzelne an einer Entscheidung ist, desto verpflichteter fühlt er sich selbiger. Das erhöht Engagement, Motivation und Zielstrebigkeit. Und diese Erfolgsfaktoren lassen sich eben nicht von oben diktieren, sondern nur von innen heraus erzeugen.

Wer auf solche Art das Entscheiden als Führungsinstrument einsetzt, erntet mehr als Ergebnisse. Er gewinnt Loyalität, Vertrauen, Respekt, Dankbarkeit – und Entlastung. Von der Last, jede Entscheidung selbst treffen oder abnicken zu müssen. Ein Weg, der sich lohnt.

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Verlag: Haufe-Lexware (22. März 2016)
ISBN-10: 3648081713
ISBN-13: 978-3648081716

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