Mangelnde Entscheidungskraft in Unternehmen ist ein Manko mit weitreichenden Folgen. Wer im HRManagement zaudert, verliert neben Zeit auch Respekt, Handlungsspielraum und Einfluss. Erfolg beginnt mit dem Vertrauen in die eigene Einschätzung, die einer Entscheidung vorangeht. Dazu gehört Mut – als Symbiose aus M wie „Möglichkeiten abwägen“, U wie „Umsetzung planen“ und T wie „Tun“. „MUT“ ist der Impuls, vorhandenes Wissen umsetzen zu wollen und am Können nicht zu zweifeln. Das beinhaltet auch Mut zu Fehlern. Wenn es gilt, Entscheidungen zu treffen, dann legt uns bereits die Formulierung „treffen“ eine Bürde auf: Dieses Wort impliziert einen erwarteten Treffer. Doch der vermeintliche Erwartungsdruck lähmt. Förderlicher ist eine Fehlerkultur, die Fehler als Augenöffner einstuft. Im Personalmanagement wie auch in anderen Tätigkeitsfeldern zählt das Erreichte. Auf Dauer kommt ein Nicht-Entscheiden teurer als ein Fehl-Entscheiden. Das gilt für Stellenbesetzungen wie für Kündigungen und Investitionsentscheidungen.
Mehr Entscheidungs-Demokratie
In Unternehmen gibt es viele Entscheidungsträger. Entscheidungsfäller sind hingegen eine Rarität. Die meisten Führungskr.fte sind der Ansicht, ein Monopol der Entscheidungsfindung zu besitzen. Doch heutige Marktdynamiken und komplexe Systeme verlangen dezentrale Entscheidungsstrukturen. Fördern Sie die Entscheidungs-Demokratie in Ihrem Bereich mit Fragen wie „Was würden Sie tun?“. Das weckt nicht nur die Motivation, sondern auch das Mitdenken Ihrer Mitarbeiter. Weiß ein Mitarbeiter, dass seine Meinung gefragt ist, dann wird er sich einbringen. Derjenige Mitarbeiter, der dem Problem am nächsten steht oder mit einem Bewerber später direkt zusammenarbeiten soll, sollte an einer Entscheidung beteiligt sein. Das hat nichts mit dem olympischen Geist „Dabei sein ist alles“ zu tun. Wer an Entscheidungen beteiligt ist, trägt auch seinen Teil der Verantwortung. Mitarbeiter sollten sich die Antworten auf bestimmte Fragen selbst geben können. Grundlegend hierfür ist eine Sinnhaftigkeit des Tuns. Denn wo Sinn das Handeln bestimmt, weiß ein Mitarbeiter, wie er entscheiden soll – oder wie der Chef entscheiden würde. Im HR-Bereich gibt es vielfältige Situationen, in denen Entscheidungskraft gefragt ist.
Entscheidungen zeitnah treffen
Die Bewerberauswahl: Sich für einen Bewerber zu entscheiden, klingt einfach, fällt aber vielen Personalmanagern und Führungskr.ften schwer. Wichtig ist: Entscheiden Sie sich immer für den besten Kandidaten. Der persönliche Eindruck zählt dabei mehr als das Vorweisen von Zertifikaten und makellosen Lebensläufen. Setzen Sie sich sowohl beim Sichten der Bewerbungen als auch beim Führen von Gesprächen zeitliche Limits. Wenn Sie zu viele Fakten sammeln, gefährden Sie die geforderte Aktion, weil niemand die finale Entscheidung treffen will. Nur Fakten zu sammeln, um nicht entscheiden zu müssen, verzögert und bringt keinen Fortschritt in der Sache. Die Kündigung: Auch wenn Sie Widerstand, den Betriebsrat oder Abfindungszahlungen fürchten – wenn Sie als Arbeitgeber zur Erkenntnis kommen, dass es besser wäre, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, sollten Sie zeitnah aktiv werden. Sprechen Sie im offenen Dialog die Gründe fürs Scheitern an und vollziehen Sie dann die Kündigung. Am Ende des Tages müssen nur Sie die Entscheidung verstehen, nicht die anderen. Die Umstrukturierung: Im Zweifelsfall sollten Sie immer versuchen, sich für das Personal zu entscheiden, nicht für seinen Abbau. Aber wenn es nicht anders geht, gilt es rechtzeitig zu handeln. Eine Umstrukturierung ist wie der Flug zu einem unbekannten Planeten – es gibt nur noch eine Richtung. Wer den Erkundungsflug scheut, bleibt am Boden zurück. Beziehen Sie die Mitarbeiter in die Umstrukturierungsmaßnahmen ein, erklären Sie deren Notwendigkeit. Bei einer transparenten Kommunikation merken die Mitarbeiter schnell, ob künftig noch Platz für sie im Unternehmen ist oder nicht. Die interne Stellenausschreibung: Wenn eine Planstelle frei geworden ist, gibt es meist mehrere Interessenten, die sich auf die interne Stellenausschreibung bewerben. Eine entscheidungsschwache Führungskraft wird den schwächeren Bewerber vorziehen, weil sie von diesem Mitarbeiter die geringste Gefahr für sich selbst erwartet. Eine entscheidungsstarke Führungskraft hingegen entscheidet sich für den qualifizierteren Mitarbeiter, der für die Position am besten geeignet ist – auch wenn er gelegentlich unbequem werden könnte. Diese Entscheidung vertritt die Führungskraft sachlich und klar, ohne Rechtfertigung. Der Umgang mit Mobbing: Ein Mitarbeiter fühlt sich von Kollegen psychisch terrorisiert und schikaniert. Er wendet sich an seinen Vorgesetzten und/oder die Personalabteilung. Entscheidungsschwache Vorgesetzte sind in den meisten Fällen konfliktscheu. Eine solche Führungskraft weicht aus, zweifelt den Wahrheitsgehalt an und appelliert an den Mitarbeiter, die Sache nicht so eng zu sehen. Sie entlässt den Mitarbeiter aus dem Gespräch mit der Aufforderung, eine Lösung mit den Kollegen zu finden. Die Entscheidung ist umschifft, die Eskalation dafür vorprogrammiert. Entscheidungsstarke Führungskr.fte oder Personalmanager hören sich die Version aller Beteiligten an, nehmen die Sorge des betroffenen Mitarbeiters ernst und bitten alle zum gemeinsamen Gespräch. Dieses Gespräch endet mit einer Entscheidung, die klar kommuniziert wird und für alle verbindlich ist. Klare Ansagen schränken den Raum für weitere Missstimmungen im Team ein. Wenn es nicht anders geht, müssen Teams neu zusammengesetzt werden. Die Budget-Frage: Da HR-Budgets begrenzt sind, müssen Sie abwägen, welche Investitionen am dringlichsten sind. Ihre Budgetierung sollte stets plausibel sein, dann dürfen Sie auf die größtmögliche Akzeptanz hoffen. Aber halten Sie keine Reserven vor, denn nicht genutztes Kapital ist totes Kapital. Gerade die Kosten für Schulung und Weiterbildung können nicht hoch genug angesetzt werden. Eine bundesweite Forsa-Umfrage im Auftrag der Haufe Akademie hat gezeigt, dass ein Großteil der deutschen Angestellten neuen Herausforderungen mit informeller Weiterbildung in einer Kultur des gegenseitigen Lernens begegnen will. Die Voraussetzung dafür schaffen die Führungskr.fte, die hierfür die Unterstützung des HR-Bereichs benötigen. Entscheiden Sie sich im Zweifel also für den Einkauf von Support, nicht gegen ihn. Belegen Sie die Sinnhaftigkeit Ihrer Entscheidung anhand von nachvollziehbaren Kennzahlen.
Buchtipp
Klare Entscheidungen treffen
Ob im Berufsleben oder privat – jeder Erwachsene trifft täglich bis zu 60.000 Entscheidungen. Dabei gilt es, Fehlentscheidungen zu vermeiden und dennoch zügig zu einem Entschluss zu kommen. Wie jemand entscheidet, hat weniger mit seinen Genen als mit den Erfahrungen zu tun, die er bislang mit seinen Entscheidungsmustern gemacht hat. Das erklärt auch die Tatsache, dass Menschen mit „Entscheidungsstau“ immer mehr Probleme haben zu Handeln. Für eine gute Entscheidung braucht es theoretisch einen klaren Kopf, um die aktuelle Situation möglichst akkurat einzuschätzen, ein Talent, um die Zukunft zu antizipieren, ein Gespür, um sich in die Köpfe anderer hineinzuversetzen, und die Abgeklärtheit, ein gewisses Maß an Unsicherheit auszuhalten. Wie kluge Entscheidungen in der Praxis besser und schneller gefällt werden, erläutert Wolfgang Frick in diesem Buch. Der Betriebs- und Kommunikationswissenschaftler entscheidet heute in einem Handelskonzern über Sortimentsmanagement und Marketing. Wolfgang Frick: Die neue Lust am Entscheiden. 208 Seiten, Haufe-Lexware, Freiburg, 2016. 19,95 Euro.