Herr Frick, wie läuft das Handelsgeschäft von Spar dieses Jahr?
Wolfgang Frick: Unsere Umsätze sind leicht unter Vorjahr, insgesamt aber liegen wir auf Budgetkurs. Für die Zeit bis Ende Jahr sind wir verhalten optimistisch.

Trifft Sie der Einkaufstourismus?
Frick: Als Quartierladen und Nahversorger spüren wir unter der Woche kaum etwas. Hingegen merken wir die Euroschwäche und den Einkaufstourismus jeweils am Wochenende, wenn etwas weniger Kunden kommen. Das können wir aber nicht beeinflussen. Deshalb konzentrieren wir uns auf unser Geschäft.

Inwieweit profitiert Spar von der Euroschwäche durch günstigere Beschaffung über das internationale Spar-Netzwerk im Ausland?
Frick: Wir profitieren von günstigeren Einkaufspreisen, aber diese Vorteile geben wir an die Kunden weiter, um preislich wettbewerbsfähig zu bleiben. Man muss aber sehen, dass wir den Grossteil unseres Sortiments in der Schweiz beschaffen, nur etwa 10 bis 15 Prozent der Ware kommen aus dem Euroraum.

Ist es für Spar eine Option, mehr im Ausland einzukaufen?
Frick: Es war ein Thema in der Geschäftsleitung. Aber wir legen Wert auf eine solide Partnerschaft mit der Schweizer Industrie. Auch Bio- und regionale Produkte spielen eine grosse Rolle für uns und dabei die Einbindung lokaler Lieferanten.

Wie positioniert sich Spar zwischen Grossverteilern und Discountern?
Frick: Unsere Supermärkte liegen in den Quartieren, das gibt uns eine ausserordentliche Kundennähe. Wir haben viele Markenartikel sowie Eigenmarken als Alternative. Und was vielen Konsumenten nicht bewusst ist: Wir bieten ein Vollsortiment. Ausserdem attestiert uns die Marktforschung, dass wir freundliches Personal haben, das auch manchen Kunden mit Namen kennt.

Anfang Jahr lautete der Plan, 2015 fünf neue Spar-Supermärkte und vier neue Spar Express zu eröffnen. Wie ist man da unterwegs?
Frick: Wir haben fünf neue Märkte und sogar sieben neue Spar Express eröffnet. Und der Ausbau mit den Express geht weiter. Die Kunden nehmen dieses Ladenformat sehr gut auf.

Dieses Segment ist aber hart umkämpft, denn auch Coop Pronto, Migrolino oder Avec kämpfen hier eifrig um Kundschaft.
Frick: Aber wir haben die Idee umgekehrt. Die ersten solcher Läden entstanden an Tankstellen – vorne die Zapfsäule, dahinter ein Kiosk. Wir haben gesagt: vorne ein kleiner Supermarkt, dahinter die Zapfsäule. Ein Spar Express bietet ein breites und frisches Sortiment und bei den Eigenmarken die gleichen Preise wie der Spar-Supermarkt.

Spar ist Presenting Sponsor des «Schellen-Ursli»-Films, der Mitte Monat in die Kinos kommt. Warum dieses Sponsoring?
Frick: Hauptgrund ist die Swissness: «Schellen-Ursli» ist ein Stück Schweizer Märchengeschichte, die authentisch rüberkommt. Zweitens ist die Geschichte Retro: Sie erinnert die Kunden an ihre eigene Kindheit, die Unbekümmertheit von einst.

Sie möchten das Sponsoring aber auch an der Ladenkasse in klingende Münze umsetzen.
Frick: Wir haben die Geschichte auf Produkte umgelegt. Damit schaffen wir Mehrwert für die Kunden und machen Schellen-Ursli auch dank perfekter Umsetzung und Inszenierung durch unsere Mitarbeitenden und Spar-Partner in den Läden sowie beim Konsumieren erlebbar.

Spar hat die Schellen-Ursli-Linie 2011 eingeführt und sie nun auf 40 Produkte erweitert.Welche Kriterien muss ein Artikel erfüllen?
Frick: Ursprung und Authentizität sind zentral. Schellen-Ursli ist weitgehend eurofreie Zone. Der Ursprung muss wenn möglich in Graubünden liegen oder wenigstens in der Schweiz. Ausländische Zutaten sind nur in Ausnahmen zulässig. Es sind Produkte von hoher Qualität, des täglichen Bedarfs und wenn möglich Bio.

Und wie läuft der Verkauf?
Frick: Wir sind sehr zufrieden. Es ist eine der grössten Produktentwicklungen, die wir je gemacht haben. Wir treffen damit den Zeitgeist, und die Kunden sind überzeugt von den Produkten.

Wird die Linie weiter ausgebaut, oder ist nach dem Film eh Schluss?
Frick: Ich sehe das Ende der Fahnenstange bei 60 bis 70 Produkten. Und sie bleiben dauerhaft im Sortiment, da wir an sie glauben. Wir sind überzeugt, dass sich unsere Investition rechnet.

Der Film hat ein Budget von 5,6 Millionen Franken. Wie viel zahlt denn Spar als Sponsor daran?
Frick: Wir haben es uns etwas kosten lassen. Wir sehen unser Engagement auch als langfristige Investition in die Marke Schellen-Ursli.

Ende Jahr kommt auch der neue «Heidi»-Film in die Kinos.Woher dieser Trend zu Retro?
Frick: Das hat mit der Sehnsucht des Konsumenten nach Orientierung zu tun. Er sehnt sich dorthin zurück, wo die Welt in Ordnung war. Herkunft hat Zukunft, und es hat Geschichte.

Sie haben ein Buch geschrieben mit dem Titel «Patient Marke. Kunstfehler im Marketing». Warum?
Frick: Ich bin ein Anhänger der markengeführten Firmenkultur. Man muss die Marke ins Zentrum setzen. Oft wird aber zu kurzfristig gedacht, es fehlt an Geduld, man definiert alles über den Preis, rennt Trends und Modeerscheinungen hinterher, bezieht den Kunden zu wenig ein. 

Für viele Kunden ist der Preis aber ein zentrales Kaufkriterium.
Frick: Viele Kunden kennen vor allem den Preis, aber nicht mehr den Wert eines Produktes. Daran ist der Detailhandel selber schuld.Wir müssen dem Kunden erklären: Ein Lebensmittel hat einen Wert, und Qualität kostet.

Gehört deshalb Spar im Quervergleich eher zu den teureren Detailhändlern?
Frick: Wir haben für jedes Portemonnaie ein Angebot. Auch ist der Kunde hybrid geworden; er kauft mal ein Premiumprodukt, dann ein billiges. Unsere Eigenmarken sind eine preiswerte Alternative zu Markenartikeln. Und mit «Jeden Tag» führen wir eine Preiseinstiegslinie. Sie umfasst bereits über 100 Artikel und wird auch ausgebaut. Somit zählen wir sicher nicht zu den teureren Detailhändlern. Der Kunde muss die Wahl haben, und wir müssen herausfinden, was das Kundenbedürfnis trifft.

THOMAS GRIESSER KYM


 

Wolfgang Frick

Schlüsselposition in der Spar-Gruppe

Der Österreicher ist Geschäftsleiter Marketing und Einkauf der Spar-Schweiz-Gruppe mit Sitz in St.Gallen. In dieser Funktion ist Wolfgang Frick Mitglied der fünfköpfigen Geschäftsleitung der Spar-Gruppe unter dem Vorsitz von Stefan Leuthold als Vertreter der Inhaberfamilie der Lebensmittelhandelskette. Die Spar-Gruppe hat über 2100 Mitarbeitende und setzt gut 1,07 Mrd. Fr. um. Es gibt 180 Spar-Läden, elf TopCC-Abholmärkte, und Spar beliefert Dritte. (T. G.)