Nicht jeder Chef ist gleich gut in seiner Rolle. Die einen können leicht Entscheidungen fällen, während die anderen den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Doch am Ende hat das Verhalten Ihres Chefs großen Einfluss auf die eigene Karriere.

Last oder Lust - wie Chefs entscheiden, entscheidet über den Erfolg des Einzelnen

Fisch oder Fleisch zum Mittag? Joggen oder Chillen am Abend? Den leistungsschwachen Mitarbeiter feuern oder fordern und fördern? Bis zu 20.000 Entscheidungen fällen wir täglich, belanglose und schwerwiegende. Und mit jeder Entscheidung, die Chefs treffen oder vertagen, beeinflussen sie Wohl und Wehe der Belegschaft.

Studien belegen, dass etliche Führungskräfte Angst haben, falsche Entscheidungen zu treffen. Doch wer deshalb zögert, verliert mehr als nur Zeit, sagt Marketing-Experte Dr. Wolfgang Frick. „Er büßt an Respekt, Handlungsspielraum und Einfluss ein“, so der Autor des Buches „Die neue Lust am Entscheiden“. „Er löst zudem eine fatale Kettenreaktion aus: Mit seinem Zaudern zieht er entscheidungsschwache Mitarbeiter heran.“

Dr. Wolfgang Frick, 1966 studierte Betriebswirtschaft, Publizistik und Kommunikationswissenschaft und promovierte 1996. Der Autor blickt auf mehr als 30 Lehr-, Studien- und Berufsjahre zurück und listet in seiner „Markensammlung“ bereits über 30 regionale, nationale und internationale Marken auf. Heute leitet er das Vorstands-Ressort „Marketing und Sortimentsmanagement“ auf Konzernebene in der Schweiz. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Im März erscheint sein neues Buch – die neue Lust am Entscheiden.

Entscheidungsschwache Chefs als Gefahr für die eigene Karriere

Ob aus frommen Erfüllungsgehilfen engagierte Mitarbeiter werden, hängt größtenteils vom Vorgesetzten ab. Vertraut ein Chef seinen Mitarbeitern, ist er auch großzügig beim Gestaltungsspielraum des Einzelnen. Doch dieses Vertrauen bringen in der Regel nur Chefs auf, die über genügend Selbstvertrauen verfügen – auch in ihre Entscheidung, die Positionen mit den richtigen Leuten zu besetzen.

 

Chefs, die sich selbst und anderen vertrauen, können darauf verzichten, immer alles selbst bestimmen zu wollen. Mit der zugestandenen Eigenverantwortung wachsen Motivation und Möglichkeiten bei den Mitarbeitern, das ist der Kick zur Karriere. Chefs, die hingegen darauf bestehen, alles kontrollieren und freigeben zu müssen, nur um ihre Macht zu demonstrieren, beschränken ihre Mitarbeiter und züchten Schafe heran, keine Löwen. Ein echter Karrierekiller!

Woran erkenne ich entscheidungsschwache Chefs?

Beispiel Mobbing: Fühle ich mich als Mitarbeiter von Kollegen gemobbt und teile dies meinem Chef mit, wird er ausweichend reagieren, an meinen Aussagen zweifeln und appellieren, das Ganze nicht so eng zu sehen, sondern mich mit den Kollegen zu arrangieren. Kurz: Er hält sich raus.

Beispiel Dienstreise: Mein Kollege und ich wollen gleichzeitig eine Dienstreise machen, das Budget reicht aber nur für einen von uns. Unser Chef pocht auf Einhalten des Budgets und fordert uns auf, die Entscheidung, wer von uns beiden tatsächlich fährt, allein zu fällen.

Beispiel Bewerbung: Auf eine freigewordene Planstelle bewerben sich zwei Kollegen aus der Abteilung. Der Chef entscheidet sich für den Schwächeren, unabhängig von der Qualifikation. Warum? Weil von einem schwachen Mitarbeiter kein Widerstand oder Anspruch droht.

Entscheidungsstarke Chefs stehen für Klarheit und Commitment

„Chefs, deren Handeln von Selbstvertrauen und Selbstsicherheit geprägt ist, fahren eine klare Linie statt Zick-Zack-Kurs“, sagt Frick. „Ihre Mitarbeiter wissen, woran sie sind. Sie können sich auf ihren Chef verlassen, auch in kritischen Situationen.“ Ein entscheidungsstarker Chef stelle sich vor seine Mitarbeiter, anstatt sich hinter ihnen zu verstecken. Er stärke das Wir-Gefühl, verzichte aber darauf „everybody’s darling“ zu sein.

Sein Vorgehen zeichne sich dadurch aus, dass er weder manipulierbar noch wankelmütig sei. Bei seinen Entscheidungen stünde nicht der eigene Vorteil im Vordergrund, sondern der größtmögliche Nutzen für alle Beteiligten. Frick: „Und er geht auch dahin, wo es wehtut. Sein Weg ist nicht der des geringsten Widerstands, sondern der des Troubleshooters.“

Wer als Chef delegiert, gewinnt auf ganzer Linie

„Wer delegiert, gewinnt Zeit für die wirklich wichtigen Aufgaben einer Führungskraft. Gute Chefs sind deshalb da, wo die Schatten am längsten sind, nämlich in den Krisengebieten“, sagt Frick. „Dort werden sie gebraucht, können Route und Ziele festlegen. Im Alltagsgeschäft dürfen sie getrost auf das Können ihres Teams vertrauen.“ Bei der Wahl der Mittel sollten Mitarbeiter mitbestimmen dürfen.

Je beteiligter der Einzelne an einer Entscheidung sei, desto stärker fühle er sich dieser auch verpflichtet, so der Vorstand für Marketing und Einkauf einer Handelskette. Das erhöhe Engagement, Motivation und Zielstrebigkeit der Mitarbeiter. Frick: „Wer delegiert, erntet mehr Ergebnisse, Loyalität, Respekt, Dankbarkeit – und Entlastung, weil er nicht mehr jede Entscheidung selbst treffen und abnicken muss.“